„Möge der Segen über dich kommen“, so begrüßt mich Myanmar, das frühere Burma (Birma). Wegen der politischen Situation ist das nordöstliche Nachbarland Thailands mit fast 3000 km Küste touristisch wenig entwickelt und bisher von wenigen Menschen bereist. Ich bin so gespannt.
Yangon – erste Begegnungen
Am meisten beeindrucken mich die Menschen. Diese unglaublich freundlichen und offenen Menschen. Immer wieder wurde ich verblüfft von einer unaufdringlichen Freundlichkeit und Neugierde. Ihr herzliches Lächeln hat mich verzaubert.
Aber es war nicht nur das. Myanmar hat mich fasziniert – von Beginn an. Freunde von mir waren hier und erzählten in den buntesten Farben über das bisher noch eher unentdeckte Land. Ich kenne mich ganz gut aus in Asien und war gespannt, was ich denn hier erleben würde, was ich nocht nicht kenne. Die Erwartungen waren groß.
Der Weg ist lang aber jede Minute der Anreise lohnt. Aufgrund der politischen Verhältnisse hat Myanmar nahezu eine Einzelstellung auf der Welt. In den vergangenen Jahren hat sich das Land nur sehr langsam geöffnet und befindet sich nun inmitten dieses Prozesses. Wer ein Land mit noch sehr, sehr wenigen westlichen Einflüssen erleben möchte sollte bald dorthin reisen. Denn die großen internationalen Marken und Konzerne, die den vermeintlichen Wohlstand bringen sollen, stehen bereits in den Startlöchern.
Yangon, die ehemalige Hauptstadt, kommt auf den ersten Blick wie viele andere Städte Asiens daher. Auf den zweiten Blick erkenne ich, dass die sonst so anstrengende Hektik ausbleibt, es deutlich sauberer ist und es gibt, das freut den umweltbewussten Reisenden sehr, keine Mofas. Per Erlass sind sie in der Stadt verboten. Die Bewohner wünschen sich das anders, aber für den Gast ist es eine gute Sache.
Gebäude aus der Kolonialzeit stehen in mittelprächtigem Zustand am Straßenrand, immer wieder leuchten zwischendrin die Pagoden golden und fein heraus geputzt.
Bagan, Mandalay und das Land der Pagoden
Eigentlich beginnt meine Reise in Bagan, eine gute Flugstunde von Yangon in Richtung Norden entfernt. Auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel geht die Sonne langsam unter. Schnell findet unser Guide eine passende Pagode mit Ausblick. Von oben habe ich eine Aussicht über das riesige und endlos scheinende Feld mit Pagoden – bis an der Horizont in orange-gelbes Licht getaucht. Friedlich und still geht die Sonne unter, weit und breit keine anderen Menschen.
Das ist der Vorteil, in der Nebensaison (Mai bis September) zu reisen. Ich habe die schönsten Orte für mich alleine. Und das Wetter passt – die Sonne scheint (fast) die ganz Zeit, es ist warm bis heiß und eine Schauer am Tag stört mich nicht.
Den folgenden Tag verbringe ich damit, einen winzigen Teil der ca. 2000 heute erhaltenen Pagoden zu besichtigen. Etwa 4000 (!) sollen es einmal gewesen sein, die Hälfte wurde durch Kriege zerstört. Auf den ersten Blick ähneln sich die Pagoden, unterscheiden sich dann aber doch in kleinen und großen baulichen Details bzw. in ihren Geschichten.
Auch Mandalay liegt auf meiner Reiseroute – ein so klangvoller Name, bei dem Bilder und Emotionen mitschwingen. Und auch hier werden meine Erwartungen übertroffen. Die Stadt ist voller historischer Kunstwerke. Ich sehe Pagoden wie aus einer anderen Welt. Eine, die erste des Landes, hat es auf die Liste des Unesco Weltkulturerbes geschafft. Im ganzen Land sind gerade die Unesco – Inspektoren unterwegs, auch hier wird sich in den kommenden Jahren einiges tun.
Zurück zu den Pagoden. Zwei fallen mir ganz besonders auf: die Kutho-daw-Pagode mit ihren 729 einzelnen Pagoden, in denen beschriebene Marmortafeln das größte Buch der Welt, die tipitaka – die Schriftensammlung des Buddhismus beherbergen. Gleich neben dran die Sandamuni-Pagode mit 1.774 Steintafeln, auf denen die Kommentare zur tipitaka zu lesen sind.
Vom Mandalay Hill habe ich einen einmaligen Blick auf die Stadt mit dem Königspalast. Und vielleicht die schönste Begegnung mit Einheimischen auf dieser Reise. Unverhofft sprechen mich diese drei Klosterschüler in sehr gutem Englisch an. Sie sind neugierig, fragen wo ich herkomme, was ich in ihrem Land mache und wie es mir gefällt. Da ich nicht weniger neugierig auf deren Leben bin, erzählen sie von sich und lassen mich etwas teilhaben an ihrem Leben. Die drei kommen aus einem Kloster im Norden, sie besuchen Mandalay auch zum ersten Mal. Und erzählen, dass man in Klosterschulen teilweise sogar Deutsch lernt.
Es sind aber nicht nur die prächtigen Pagoden aus Stein und Gold, die mich beeindrucken. Es gibt hier, wie auch an anderen Stellen, wunderschöne hölzerne Bauten mit geschnitzten Verzierungen. Faszinierend. Und auch hier komme ich wieder in Kontakt mit Einheimischen. Diese Begegnungen machen meine Reise wirklich einmalig.
Der Besuch verschiedener Märkte ist ein Muss. Es ist schon interessant zu sehen, was in fremden Ländern angeboten wird. Kleidung, Lebensmittel oder die hier weit verbreitete Betelnuss. An unscheinbaren Ständen wird die Nuss zum Verzehr zubereitet. Dafür wird sie klein geschnitten, zuvor in Wasser einlegt (bis zu mehrere Tage), dann mit Kalk und Wasser vermischt und in einem Blatt einer Kletterpflanze mit Tabak, Kardamom und Anis mundgerecht verpackt.
Die Einbein-Fischer vom Inle See
Die vorletzte Station meiner Reise ist der legendäre Inle See. Ich hatte keine konkrete Vorstellung – und wurde überrascht. Denn der See ist recht groß, durchzogen von künstlich angelegten Inseln auf denen wahlweise Häuser/Dörfer gebaut sind oder Gemüse angebaut wird. Zudem immer wieder ganze Dörfer auf Stelzen zwischen denen die Fortbewegung nur per Boot möglich ist.
Die umliegende Landschaft ist wunderschön, sanft schmiegen sich Berge und Hügel am Ufer des Sees entlang. Auf dem See ist bei Tageslicht recht großes Treiben. Neben den bekannten Einbein-Fischern knattern die Boote mit Waren und Menschen eifrig umher.
Auch hier besuche ich eine Pagode, einen Markt und verschiedene Handwerksbetriebe. Es gibt viel zu entdecken.
Am Ende eines ereignisreichen Tages sitze ich auf der Terrasse meines Stelzenbungalows, blicke Richtung Sonnenuntergang auf den Inle See, lausche dem Vogelgezwitscher und höre die Gesänge der Mönche von weit her über den See treiben. Momente in denen ich inne halte, genieße und mich einfache freue und sehr froh bin dies erleben zu dürfen.
Den Abschluss findet die Reise in Yangon. Und der Höhepunkt ist sicherlich der Besuch der Shwedagon-Pagode. Das Wahrzeichen, das über der Stadt thront. Ich habe viel gesehen und erlebt, aber diese Stunden gehören mit zu den eindrucksvollsten der Reise. Auf dem riesigen Areal finde ich eine Pagode mit scheinbar unzähligen Nebengebäuden die ich (aufgrund der Nebensaison, ja – am Morgen hat es auch mal kräftig geregnet) nur mit Einheimischen besuche. Räucherkerzen werden angezündet, Blumen niederlegt.
Die Glöckchen an den unzähligen Türmen spielen eine leise Melodie. Auch hier wieder unvergessliche Begegnungen mit den Menschen. Ich lasse mich stundenlang treiben, setze mich an den Rand und bin stiller Beobachter des Geschehens.
Ich bin sehr froh, Myanmar noch so unerschlossen, unverbraucht und liebenswert entdeckt zu haben. Doch das könnte sich sehr bald ändern. Daher mein Tipp: Wer Myanmar auf seiner Bucketlist hat, sollte diese Reise nicht in die Ferne schieben. Reist bald und lasst euch inspirieren von diesem wirklich einmaligen Land.
Euer
Jörg Kästner
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