Eigentlich ist der Februar ideal, um Tansania zu bereisen. Als wir an einem Feburar-Montag in Kilimanjaro landen, merken wir davon nichts – es regnet in Strömen. Aber, und das haben wir auf dieser Reise gelernt, so schnell wie der Regen kommt, geht er auch wieder – ein Glück.
In diesem Jahr kam die Regenzeit einen Monat früher als üblich. Rückblickend war das eine Bereicherung. Nicht nur für uns.
Zunächst besuchen wir unsere Freunde Marlies und Jörg Gabriel auf der Hatari Lodge mit Blick auf den höchsten Berg Afrikas. Bei Kaffee und Tee beobachten wir von der Terrasse aus Giraffen und Büffel beim Grasen im Morgentau. Am Abend wärmt ein knisterndes Feuer im Kamin unser Zimmer und die Wärmflaschen im Bett sind zudem sehr willkommen.
Die Hatari Lodge ist ein wunderbarer Ort zum Ankommen hier in Afrika. Wir unternehmen kleine Ausflüge in die Umgebung, fahren zu den Momella Lakes und besuchen die von der Hatari Lodge unterstützte Schule. Hier lernen wir einiges über das Schulsystem. Die Kinder erklären uns Nationalsymbole und lassen uns wie selbstverständlich in ihren Alltag eintauchen. Ein augenöffnender Moment, den wir nun in uns tragen.
Am nächsten Morgen geht es los – auf in den Busch: in’s Massai Land, in die Serengeti, nach Selous und Ruaha und zum Schluss für ein paar Tage ans Meer.
Zuerst fahren wir ins Shu`mata Camp am Fuße des Kilimanjaro. Obwohl ich das zweite mal hier bin, bin ich wieder überwältigt von dieser unbeschreiblichen Lage, der Szenerie, dieser Stille und der Weite. Es gibt wenige Orte, die solch eine Magie haben. Shu`mata – das bedeutet Himmel oder über den Wolken – zieht uns in seinen Bann.
Mit unseren Massai Guides Mokhili und Laihsa erkunden wir das Land, das schon seit dem vorletzten Jahrhundert von Massai bewohnt wird. Tagelang treffen wir nur auf Einheimische, sind die einzigen Touristen. Was für ein Erlebnis! Am Wegesrand die Kinder der Massai mit ihren Viehherden, immer wieder Giraffen und Zebras und Elefanten.
Wir besuchen eine Massai Boma, die traditionelle kreisrunde Behausung, in der die Massai auf engem Raum mit ihren Tieren leben. Das hier ist keine Touristenattraktion. Die Menschen leben hier in ihrer gewohnten Umgebung ihren Alltag wie ihre Vorfahren.
Bevor wir Abschied nehmen unternehmen wir einen einmaligen Ausflug: Kilimanjaro für jedermann! Das klingt für uns als ausgewiesene Stadtmenschen machbar.
Mit dem offenen Jeep fahren über die höchstgelegene Straße Afrikas zum Shira Plateau auf knapp 4.000 Meter – hier wird die Luft schon dünner. Ein Glück ist es mehr ein Spaziergang als eine Wanderung – mit wunderbaren Ausblicken.
Die unterschiedlichen Vegetationszonen sind beeindruckend – waren wir vorhin noch in der Steppe, durchqueren wir auf dem Weg Waldgebiete und Plantagen. Oben wird die Vegetation recht karg, der Wind nimmt Fahrt auf. Ja, wir scheinen dem Gipfel nah zu sein.
Weiter geht es in die Serengeti – nach Ndutu im Süden, wo zu dieser Zeit die große Migration der Gnus sein soll. Wir sind gespannt.
Unser Camp, das Nomad Serengeti Safari Camp, zieht vier Mal im Jahr um, um ganz nah bei den Gnus zu sein.
Am Airstrip (denn mit Flughafen hat das gar nichts zu tun) holt uns unser Guide Ally ab. Mit ihm werden wir drei unvergessliche Tage verbringen.
Schon auf dem Weg von der Landepiste zum Camp sehen wir die ersten Löwen am Wegesrand. Auch in den folgenden Tagen haben wir das Glück, die Serengeti so zu erleben, wie man sie aus dem Fernsehen kennt.
So sind wir am nächsten Morgen die einzigen 3 Exemplare der Gattung Homo Sapiens inmitten der großen Migration. Umgeben von hunderttausenden Gnus. Auf den endlos wirkenden Southern Plains sehen wir Tiere bis zum Horizont – Gnus, Zebras, Impalas, Warzenschweine… Sie scheinen in der Ferne zu verschwimmen, kein Ende zu nehmen. Der große Traum, das einmal zu mitzuerleben, geht in Erfüllung. Und so haben wir inmitten dieses Spektakels unser Frühstücks-Picknick ganz für uns allein.
Zu dieser Zeit des Jahres werden die Kälber geboren und so sind wir auch Zeuge einer Gnu Geburt und erleben die vielleicht schönste Zeit im Jahr hier in der Serengeti. Der Nachwuchs entdeckt das Leben – kleine Gnus, Zebras und Elefanten um uns herum.
Wir sehen auch große Elefantenherden, die am Morgen langsam umherziehen, Geparden die mit erlegter Beute über die Savanne blicken, Geier, die nach Nahrung Ausschau halten, Giraffen, die im Galopp besonders amüsant aussehen und Zebras, die die riesige Gnuherde begleiten oder sogar leiten.
Unser Camp mit seinen acht Zelten liegt ideal, so dass wir selbst dort die Migration live erleben. Zebras grasen in der Nacht direkt neben unserem Zelt, ein Löwe brüllt in der Ferne und am Morgen besucht auch noch ein Elefant das Camp. Mehr geht nicht! Es ist nicht nur die Nähe, die uns so beeindruckt. Es sind auch die Geräusche, gerade in der Nacht. Und nicht immer sind sie für uns eindeutig zu bestimmen…
Dieses Erlebnis teilen wir mit wunderbaren Menschen. Wir werden so herzlich umsorgt – es gibt alles im Überfluss.
Abends am Lagerfeuer und bei den gemeinsamen Abendessen lernen wir Meschen aus der ganzen Welt kennen. Auch dies sind immer wieder besondere Momente – Geschichten auszutauschen unter Afrikas Sternenhimmel ist auch ein Aspekt dieser unvergesslichen Reise. Und so fällt es uns schwer, auch diesen Ort zu verlassen.
Aber wir wollen das Land erkunden – und so „müssen“ wir weiter. Mit einem Kleinflugzeug (was hier den Status eines Busses hat) fliegen wir in das Selous Game Reserve im Süden von Tansania. Auch hier kam der Regen früher als gedacht und wir haben das Gefühl, am Amazonas gelandet zu sein. Die Landepiste würde hierzulande niemand ernst nehmen und denken, es sei ein mittelprächtiger Feldweg. In Tansania schwärmt der Pilot von der besonderen Beschaffenheit der Piste: sie ist leicht abschüssig und zudem auch noch nach links geneigt, so dass das Wasser wunderbar abfließen kann. Wir lernen: Es ist den Dingen immer etwas Gutes abzugewinnen.
Unser Camp gleich am Ufer des Rufijis wirkt wie aus dem Bilderbuch. Von unserem „Zimmer“ blicken wir auf diesen und sehen auch gleich die ersten Hippos. Hören werden wir sie immer wieder – sehr laut!
Wir erkunden den geheimnisvoll wirkenden Fluss mit dschungelartig bewachsenen Hängen und Strudeln. Immer wieder treffen wir auf Hippos – die auch immer wieder abtauchen. Wo sind sie nun, unter dem Boot? Kein gutes Gefühl… zumal wir auch immer wieder Krokodile sehen. Auch das ist ein wirklich besonderes Erlebnis.
Am Nachmittag unternehmen wir eine Walking Safari – dieses Mal ist der Guide mit einem Gewehr ausgestattet. Man weiß ja nie – aber es wird nicht zum Einsatz kommen.
Und so entdecken wir den Busch aus einer neuen Perspektive und staunen über das Wissen des Guides. Wir lernen einiges über die Heilkräfte der Pflanzen, kommen an Antilopen- und Giraffenherden vorbei und zum krönenden Abschluss wird uns ein Picknick Tisch auf einem Hügel präsentiert – Zeit für einen Sundowner. Und so geht die Sonne am Horizont unter – leise und still!
Auf dem Weg zurück ins Camp (nun aber im Jeep) treffen wir auf ein großes Rudel Wildhunde, die uns nahezu bis ins Camp begleiten. Was der Busch für uns bereit hält – kaum zu glauben und immer wieder voll von Überraschungen.
Dann geht es mit besagten Kleinflugzeugen weiter nach Ruaha – dem vermeintlichen Elefantenparadies Tansanias.
Unser Camp, das Jongomero Camp, liegt weit abgeschieden im Park und so haben wir das Gefühl, mal wieder die einzigen Menschen weit und breit zu sein.
Auch hier, wie immer und überall auf dieser Reise, werden wir herzlich empfangen und versorgt. So viel Freundlichkeit und Aufmerksamkeit haben wir selten zuvor so geballt erlebt – zu Gast bei Freunden – so fühlen wir uns.
Auf unserer ganztägigen Pirschfahrt kommt es zu unserer Überraschung zu keiner Sichtung von Elefanten. Selbst der Guide ist sprachlos… aber wir sind so glücklich mit dem zuvor Erlebten, das das unsere Freude nicht schmälert. Wir sehen Giraffen und Löwen, Affen, Füchse, Zebras und wunderschöne exotische Vögel. Den ganzen Tag treffen wir auf keinen anderen Jeep, denn das nächste Camp ist 20 km entfernt – was für ein Luxus.
Nach zehn Tagen im Busch mit frühem (6 Uhr) Aufstehen, unterwegs zu Fuß, im Jeep, mit dem Flugzeug oder im Boot, wird es Zeit. Seele baumeln lassen und Sand unter den Füßen spüren. Keine Trekkingschuhe und lange Hosen, keine holprigen Wege.
Wir fliegen nach Dar-Es-Salaam und fahren von dort zwei Stunden Richtung Süden nach Ras Kutani.
Hier heißt es Schuhe ausziehen (und ausgezogen lassen), lange schlafen, dem Meeresrauschen lauschen, sich verwöhnen lassen, im Indischen Ozean baden und höchstens mal einen ausgedehnten Strandspaziergang unternehmen. Was für ein herrlicher Ort – in der Hängematte und auf den Strandliegen lässt es sich hervorragend aushalten. Zeit für Bücher und süßes Nichts-tun – ganz wunderbar!
Am letzten Tag der Reise nimmt uns der Lodge Manager Leo mit in ein nahe gelegenes Dorf, in dem die Lodge eine öffentliche Schule und ein Krankenhaus unterstützt. Und wieder wird uns klar, wie sehr diese Menschen unsere Unterstützung brauchen. Wie sehr sie sich über Dinge freuen, die für uns erschreckend selbstverständlich scheinen. Springseile und Bleistifte zum Beispiel.
Erst kurz vor der Abreise fällt uns auf (denn es war bisher so selbstverständlich), dass wir während der ganzen Reise offline waren. Kein Social Network, keine Emails, keine Nachrichten und keinen Kontakt zur Außenwelt. Im Nachhinein klingt es fast absurd – aber es war so wundervoll und wir haben nichts vermisst. Wir waren einfach nur dort und haben unsere ungestörte Aufmerksamkeit den freundlichen Menschen und der Natur geschenkt. Hier und jetzt – mehr brauchte es nicht. So erlebten wir Tansania sehr intensiv in seiner ganzen Schönheit. Mit den außergewöhnlich freundlichen und herzlichen Menschen, die uns eine unvergessliche Zeit bereitet haben. Wir sind dankbar für diese Erlebnisse und Erkenntnisse und kommen wieder zurück – zurück in dieses Land, das uns tief berührt und begeistert hat. Es gibt noch viel zu entdecken.
Euer Jörg Kästner
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