28. Juli, Kreta, Liberta Villas So, da sind wir. Seit vorgestern zu Gast in einer wunderschönen Villa, die den bezeichnenden Namen „Liberta“ trägt und irgendwo im Nirgendwo liegt: Paleloni, ein kleines Bergdorf auf der Drapanon-Halbinsel mit etwa 100 Einwohnern, 4 Kafenions, 3 Kirchen, einem Friedhof und für die nächsten 3 Wochen mit uns. Ein Haus mit Pool, gute Tavernen in der Umgebung, leere Strände, um uns herum nur Griechen. Sehr gut. Wir hätten uns auch auf die Begegnung mit einem griechischen Tankwart gefreut! Die Götter (und wir sind im Land der Götter!!) wollten es anders: Seit Tagen sind alle Tankstellen geschlossen. Wir warten ergeben, fahren spritsparend und sind voller Vorfreude auf das erste Treffen mit den hiesigen Tankstellenbesitzern.
Die Kreter ohne Benzin Wer glaubt, den Griechen ein Streik der Lastwagenfahrer, der Stromlieferanten oder andere Unwägbarkeiten irgendwie aus der Ruhe bringen, der irrt. Athen ist weit, viel Wasser und noch mehr Behörden liegen dazwischen, das wird schon wieder. Egal wann. Weniger Touristen bedeutet auch viel mehr Ruhe, leere Strassen, auf denen man mit Benzin herrlich schnell fahren könnte…
Kennt Ihr das „Lied vom Ende der Saison“? So ein Gefühl hatte ich gestern auf dem Marktplatz von Georgiopolis, doch es ist Juli…
31.Juli, 29 Grad – Tag 5 des Streiks der Tankwagenfahrer: Noch Sprit für 80 km. Zum Frühstück kommt die entscheidende email vom TUI Service in Chania (was für hilfsbereite Kollegen!): Benzin im Anflug auf Georgiopolis, gg. 11 Uhr soll die Tankstelle öffnen: Wird Fuela, die griechische Göttin der Tanstellenbesitzer, ein Einsehen haben und dafür sorgen, dass wir etwas abbekommen? Unser Freund Jochen bricht sofort auf, zu groß ist die verlockende Aussicht auf Mobilität… wir folgen etwa 1 Stunde später, benötigen für den Weg aus den Bergen an den Strand etwa 20 Minuten und sehen das:
Während der Tankmann noch auf seinem Auto turnt, sitzt unser Jochen gemütlich in einer Bar und fährt alle 10 Minuten das Auto in der Schlange ein Stück vor… Leute, sucht Euch in Griechenland nur Tanstellen mit Cafes in der Nähe aus – so werden 3 Stunden Wartezeit niemals zum Albtraum. Ende gut, wir haben Benzin!
01. August, 32 Grad, Georgiopolis down town: Suche mir ein lauschiges Plätzchen mit Internet-Zugang, um Bilder zu laden. Titos Cafe, 13 Uhr – ich bin allein mit dem Kellner und einem wirklich guten Frappé. Minuten später kommt ein sehr beleibter Engländer und fragt; ob es mir was ausmachen würde, wenn er den Ton zur Formel 1, die hinter mir auf einem Monitor übertragen wird, einschalten ließe: Nein, natürlich nicht… Kurze Zeit darauf bin ich umringt von Engländern (alle ohne Tshirts!) und sitze inmitten einer Boxengasse auf dem Hungaro – Ring. Das Leben besteht aus sooo vielen Täuschungen.
Liberta Villas:
Nachbardorf Kefalas, morgens um 10 Uhr: Wie ausgestorben wirken die winzigen Gassen, niemand zu sehen. Schlafen die Kreter so lange? Alle Häuser wie verwaist, nur die Zikaden machen Geräusche. Plötzlich – auf der Höhe eines Kafenions leises Stimmengemurmel: da sind sie alle – Frauen (!) und Männer, zwischen 75 und 85, sitzen im Dunkel und schlürfen griechischen Kaffee. Normalerweise nehmen die Kreter ihre Gäste eher stoisch nicht wahr, wozu auch. Viel zu viele, jedes Jahr andere. Heute jedoch schauen sie mich verstohlen an (einfältige Touristin, die durch ein leeres Bergdorf spaziert?) – da versuche ichs mit einem fröhlichen „Kalimera“ in ihre Richtung: Ein Chor krächzt zurück: „Kalimera, Kalimera“. Was für ein Gefühl..!
Titos Café, 03.August, 17 Uhr, 32 Grad: Gleich gibts für alle Crepes. In der Bar nebenan singt Bruce Springsteen von den Streets of Philadelphia: Besser als Costa Cordalis… Haben heute den Kournas – See besucht, der gleich in den Bergausläufern hinter Georgiopolis liegt. Kretas einziger Süßwassersee – nicht groß, aber glasklar, teilweise bis 45 Meter tief. Man vermutet, dass das unterirdische Höhlensystem der Weißen Berge bis an die Küste heranreicht und diese Wasserspeicher den See von unten speisen.
Und zur Abendstimmung schnell wieder an den Strand. Ewig lang und herrlich leer.
11.August, 13 Uhr, Georgiopolis: Mit eiskaltem Frappé und frischem Orangensaft bewaffnet sitze ich wieder im Café, um Euch zu schreiben. Angekommen vor 2 Wochen waren wir 7, mittlerweile ist unsere Gemeinde der Kreta-Freunde auf 15 Personen angewachsen: Alle da! So haben wir in der vergangenen Woche heftig Urlaub gemacht: an verschiedenen Stränden, auf Touren durch den wirklich schönen Nordwesten der Insel, beim Schnorcheln (hier soll es sogar Moränen geben) und – sehr ausgiebig – beim Essen in den allerschoensten Tavernen.
Hier nun einiges von dem, was wir tagsüber entdeckt haben:Kloster der Heiligen Irini, nähe Rethymnon: Vorab: Wunderschön und sehr beeindruckend. Das äußerlich fast wie eine Festung wirkende kleine byzantinische Kloster thront nahe Rethymnon auf einem mächtigen Felsvorsprung. Heute leben dort orthodoxe Nonnen und haben aus dem einst verfallenen Gemäuer ein kleines Prunkstück gemacht. Fotografieren innen ist wegen der vielen Ikonen nicht erwünscht, dafür haben wir einen ausführlichen Rundgang mit einer deutschprachigen Nonne erleben dürfen. Die Oberhäupter des Ordens leben auf Athos, der Mönchsrepublik auf dem östlichsten Finger von Chalkidiki. Autos des Klosters haben übrigens auch völlig andere Kennzeichen als normale griechische Wagen, was darauf schliessen lässt, dass Kirchen heute noch einen gewissen autonomen Status haben. Beeindruckt hat uns die Gastfreundschaft der Nonnen – nach dem Rundgang werden Kekse und frischer Saft im Klostergarten serviert (schmecken nach Weihnachten, sagen die Kids.)
Palastanlage von Knossos Ja, wir waren schon mehrfach hier und haben stets versucht zu vermeiden, mit allen anderen Gästen dieser Insel gemeinsam irgendetwas zu besichtigen. Oft gelungen, 2 Orte gibt es jedoch, an denen das nicht funktionieren kann: Die Samaria-Schlucht und Knossos. Also rein ins Getümmel der Ruinenbesichtiger, dachten wir mutig und machten uns auf den langen Weg nach Heraklion (die hauptstadt von Kreta hat abgesehen von herrlichen Staus wenig zu bieten…). Unsere Kleingruppe wurde geführt von Grit, die hervorragend recherchiert hatte, vieles von der minoischen Zeit erzählen konnte und die Kinder begeistert hat, mit uns diesen Palast anzuschauen. Tausend Dank an dieser Stelle!
Das war also das Zentrum des Minoischen Reiches (der Reiseführer schreibt: eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Frühgeschichte, der lang ersehnte Beweis für die Existenz einer hoch entwickelten Zivilisation lang vor der griechischen Antike…). Marc fühlte sich gleich wie ein König, erinnerte sich daran, ihm seine Oma vom römischen Feldherren Marc Aurel erzählt hatte und wanderte besonders tapfer durch die Gluthitze. Insgesamt ist dem König Minos zu danken, dass er seinen Palast auf einem übersichtlichen Areal gebaut hat, was man in einer Stunde erkunden kann.
Donnerstag, 12. August, Chania mit Schiffstour: Wir 15 Kreta-Freunde werden heute die Küste westlich von Chania entdecken – vom Wasser aus. 3 Stunden Bootstour mit 2 Schnorchelpausen liegen vor uns. Das versprochene deutsche Flugzeugwrack in 5 Metern Tiefe könnte jedoch auch ein Stück Altmetall sein – Flugzeugwrack klingt eben besser… Ist dennoch schön und bringt die Erkenntnis, dass unsere Gegend um
Georgiopolis viel, viel ursprünglicher ist.
Die Altstadt von Chania gilt als eine der schönsten Städte Griechenlands, kleine Gassen und vielen teilweise verfallenen Häuser aus venezinaischer Zeit erstrecken sich bis zum Hafen. Den haben auch die Venezianer erbaut – wunderschön.
14.August, 13 Uhr Liberta Villas: Heute ist schon wieder so ein schöner Tag… Danke für alle guten Wünsche! Bald gehts nach Spili, dem Bischofssitz in den Bergen zwischen Rethymnon und Kretas Süden. Später dann werden wir mit den Griechen feiern: Morgen ist Maria Himmelfahrt, nach Ostern eines der wichtigsten Feste der griechisch-orthodoxen Kirche und natürlich ihrer Mitglieder. Grund genug, die Nacht davor zum Tag zu machen.
16.August, 13 Uhr, gleich am Strand: Gestern haben wir was Neues entdeckt: Elafonissi, die kretische Karibik ganz im Westen der Insel. Langer Weg (3 Stunden durch schroffe Bergwelt), hat sich aber in jedem Fall gelohnt: Der Sand dort an diesem wilden Strand ist viel pinker (pinker?) rosafarbener als auf den Fotos zu erkennen. Das Wasser klar und frisch, die Luft brütend heiss:
Heute abend werden wir Rethymnon besuchen und in einer Geheimtipp-Taverne essen.
Das wars vorerst. Grüße aus dem Land der Götter, Beate. [mappress]